Rauf zum Paul da Serra

Irgendwie schlafe ich nicht besonders gut in letzter Zeit und bin somit wieder bald auf den Füßen. Ich bereite mich für den Abstieg nach Encumeada vor und lasse mir beim Absteigen bewusst Zeit, um die Landschaft zu genießen und die Knie zu schonen. Mit 20 Kilo im Rucksack steil bergab gehen ist nicht gerade das Beste für die Gelenke. Ich komme zu enormen Basaltwänden die der Erosion stand hielten und jetzt mächtig über der Insel thronen.

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Blick nach São Vicente im Norden

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Blick nach Serra de Água im Süden

Nach ca. 3 Stunden Fußmarsch erreiche ich den Pass von Encumeada. Dort befinden sich ein Souvenirshop und ein Restaurant. Und natürlich auch ein Miradouro für alle Pauschaltouristen, dessen Ausblick aber in keinster Weise mit den Ausblicken vergleichbar ist, die man sich verdient wenn man wandernd unterwegs ist.
Ich erkundige mich im Souvenirshop nach dem Weg und trinke Kaffee, doch leider kennt sich die Bedienung nicht aus also beschließe ich noch im Restaurant nachzufragen, da ich sowieso Hunger habe. Am Weg dorthin laufe ich zufällig am Einstieg in die Levada do Norte vorbei. Ich essen trotzdem ein Sandwich und frage, ob der Weg an der Levada geh bar sei.
“Ja”, sagt der Mann an der Bar, “aber die andere, die gerade aus führt, ist wegen Bauarbeiten gesperrt. Zur Levada do Norte musst Du rechts in den Tunnel abbiegen.” Ich esse mein Sandes Mista, bedanke mich für die Auskunft und beginne ein Gespräch mit dem Herrn am Nebentisch. Ein, ratet mal…ja genau, ein Deutscher. Aber er ist kein Pauschal Tourist, das erkennt man auf den ersten Blick. Er hat viel Gepäck und er schwitzt. Er will auch rauf zum Paul da Serra, über die Levada do Norte. Interessant denke ich und frage von wo er kommt. Er sei am Pico Grande gewesen von Curral das Freiras aus. Ich verabschiede mich und mache mich auf den Weg. Er sagt, dass man sich dann wahrscheinlich wieder treffe aber ich denke nur, dass haben schon viele gesagt und die habe ich nie wieder getroffen.

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Einstieg in die Levada do Norte bei Encumeada

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Die Levada umgeben von Lorbeergewächsen

Wie es mir der Kellner des Restaurants beschrieben hat, teilt sich die Levada nach etwa 15 Minuten. Die Levada die gerade ausführt ist versperrt und die andere, die Levada do Norte zweigt rechts in den Tunnel ab. Ich packe meine Kopflampe aus und betrete den Tunnel. Relativ bald bemerke ich, dass der Platz zum Gehen ziemlich begrenzt ist, ja ich habe richtig Probleme den Tunnel zu queren. Ca. ein halber Meter ist reserviert für die Levada, in die ich auf keinen Fall hineinfallen möchte und dann bleibt noch ein wenig Platz in der Breite, was für einen Wanderer mit weniger Gepäck sicher leichter machbar ist. Aber mit 20 Kilo und dem Zelt und der Isomatte quer unterhalb der Kopftasche fixiert und dem Gaskocher obendrauf, ist das mehr als nur eine Herausforderung. Schon bald wünsche ich mir ich hätte den Tunnel nie betreten. Mein Rücken schmerzt bereits ziemlich vom vielen verbiegen in alle Richtungen und ich habe ständige Angst abzurutschen und in die kalte Levada zu stürzen. Ich hoffe nur, dass der Platz nicht weniger wird und wünsche mir, dass ich bald wieder zu einer Stelle komme, wo ich etwas rasten kann. Nachdem ich den Tunnel erfolgreich queren konnte, werden die Strapazen wieder mit den herrlichen Einblicken in Madeiras Natur und Pflanzenwelt, sowie mit fantastischen Ausblicken in die „madeirense“ Landschaft belohnt. Es folgen tiefe Täler, Lorbeerwälder, Vogelgezwitscher, Wasserfälle, Rinnsale die die Levada speisen, bizarre Felsformationen, aber leider auch weitere Tunnel. Aber da muss ich jetzt durch, wenn ich rauf zur Hochebene Paul da Serra gelangen möchte. Ich beschließe eine Pause zu machen und siehe da, da überholt mich der Deutsche von dem ich dachte, dass ich ihn nie wieder sehen werde. Man smalltalkt ein bisschen und er geht weiter. Ich bleibe noch eine Weile und gehe später langsam weiter. Nachdem ich mich durch den nächsten Tunnel gekämpft habe treffe ich auf Einheimische, die mir den Weg nach oben erklären. Sie sagen, wenn ich ein kleines Häuschen an der Levada erreiche, quert eine Forststraße die Levada und ich sollte dieser folgen, da die Levada anschließend ins Nichts führ. Wie beschrieben erreiche ich nach dem dritten Tunnel das Häuschen, wo die Forststraße die Levada quert und ich mache erneut eine Pause.
Also mein Portugiesisch hat sich schon bezahlt gemacht.
Während meiner Pause kommt plötzlich der Deutsche von vorhin wieder aus dem Dickicht auf der anderen Seite der Levada und erzählt mir, dass es hier nicht weiter geht.
Ich sage: “Ich weiß, wir müssen die Forststraße hoch.”
Er fragt: “Woher?”
und ich erzähle: “Ich habe Einheimische getroffen und nachdem Weg gefragt.”
Und er erwidert: ” Naja, Dein Portugiesisch hat sich schon bezahlt gemacht.”
Ich grinse nur wortlos.

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Ein Wasserfall nach dem anderen

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Wolken sind ins Tal von São Vicente gezogen

Gemeinsam gehen wir hoch zu Paul da Serra und finden bei Fontes do Ruivo einen perfekten Platz zum Campen mit Wasser, einer kleinen Levada und Feuerstellen zum legalen Feuermachen. Wir essen zusammen und gehen schlafen. Mein heutiger Weggefährte heißt übrigens Uwe und ist etwas besser ausgerüstet als ich. Er hat nur 11 Kilo Gepäck und ein wesentlich besseres Zelt. Naja, man lernt nie aus.

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Das Haus an dem die Forststraße die Levada kreuzt

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Sonnenuntergang auf der Hochebene Paul da Serra

Das Klima Madeiras wird hauptsächlich vom Hochdruckgebiet der Azoren bestimmt, das dafür verantwortlich ist, dass es auf Madeira so zu sagen das ganze Jahr über schönes Wetter und mit mildem Klima gibt. Madeira profitiert besonders im Herbst und im Winter vom Azorenhoch, da sich dieses zu dieser Jahreszeit südlich der Azoren befindet. Somit entstehen in Madeira höchstens ein paar Wolken mit geringer vertikaler Ausdehnung aus denen selten Regen hervorgeht. Aber auf der Insel haben einige Mikroklimate einen deutlichen Einfluss auf das Wettergeschehen und das Wetter in den Bergen kann sich schnell ändern. Die zentrale Bergkette die von Ost nach West ausgerichtet ist und größtenteils Höhen über 1200 Meter aufweist, schützt den Süden vor Passatwinden und Niederschlägen. Somit kommt es im etwas kühleren Norden auch häufiger zu Niederschlägen. Der August ist der heißeste Monat mit einer mittleren Temperatur von 22,3°C und der Februar der kälteste Monat mit durchschnittlich 15,9°C in Funchal. In den Jahren 1961 bis 1990 ergaben Messungen, dass die gesamte jährliche Niederschlagsmenge in Funchal mit 641 mm, wovon nur 10 mm zwischen Juni und August registriert wurden, deutlich niedriger ist als die Niederschlagsmenge in Ponta Delgada im Norden. Die jährliche Niederschlagsmenge erreichte dort 1136 mm, wovon nur 80 mm zwischen Juni und August registriert wurden. Somit kann man das Klima als gemäßigt warm und trocken oder subtropisch trocken einstufen. Das Klima im Norden in Ponta Delgada ist gemäßigt feucht.

Quellen: Quintal R. (2008): Levadas und Wege auf Madeira. 3. Auflage. Funchal: Verlag Francisco Ribeiro

Der Weg am vierten Tag zum Download für Google Earth wieder als gezipptes kmz-File: madeira-weg-vierter-tag.zip

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